STEFAN VAN SPRANG VS. AMBITION
Gerichte mit Wow-effekt kreieren, für die die Gäste wiederkommen. Das is, was Zwei-Sterne-Koch Stefan van Sprang des Restaurants Aan de Poel in Amstelveen (Niederlande) will. Aber seine Ambitionen sind grösser. Er möchte auch sein personal Weiterbilden und Arbeitsstellen sichern. Und er möchte auf der San-Pellegrino-Liste aufsteigen und den Weg ebnen für einen dritten Michelin-Stern. Dennoch bezeichnet Stefan van Sprang sich selbst nicht als ehrgeizig. "Ich habe mir selber nie Ziele auferlegt. Eigenlicht mache ich einfach das, was mir Spass macht."
Der Vater war Koch und Önologe, der Großvater und der Onkel waren Konditoren. Als sechsjähriger Junge bereitete Stefan van Sprang zu Hause die Fondue-Saucen zu. Schon damals bewies Stefan van Sprang, als Koch in die Wiege gelegt zu sein. Mit 17 Jahren meldete er sich in der Hotelfachschule De Rooi Pannen in Tilburg (Niederlande). Dort wurde er sofort wieder nach Hause geschickt, um seine Nike-Sneaker gegen gediegeneres Schuhwerk einzutauschen.
“Damals fand ich das großen Quatsch. Aber schon bald wurde mir der Wert der strengen Etikette auf der Schule bewusst. Ich lernte, den Beruf ernst zu nehmen. Mein Praktikum absolvierte ich bei Maison De Boer, einem Catering-Unternehmen. Ich dachte mir: ‘Wenn ich wirklich gut werden will, muss ich improvisieren können’, und das lernt man, wenn man an einem Ort kocht, wo immer etwas schiefgeht oder fehlt. Nach meinem Praktikum konnte ich dort weiterarbeiten. Inzwischen war ich so begeistert vom Kochen, dass ich 1992 beim Zwei-Sterne-Koch Cas Spijkers anfing. Dort entdeckte ich, und Cas auch, dass ich das Zeug zum Kochen habe. Ich durfte als vollwertiger Koch einsteigen.”
“Ich weiß noch, dass ich 40 Kisten Spargel, die wir alle gemeinsam geschält hatten, zu lange habe kochen lassen, während ich draußen eine Zigarette rauchte. Meine Kollegen hatten mir schon gründlich die Meinung gesagt, als Cas in die Küche kam. Ich dachte: ‘Jetzt ist´s aus.’ Aber er sagte: ‘Dann machen wir doch daraus ein Spargelmousse?’ Das hat mich schwer beeindruckt. Seine Menschlichkeit, aber auch seine Kreativität! 1994 sorgte Cas dafür, dass ich einen Job bei seinem ehemaligen Chef im Jagershuis in Ouderkerk aan de Amstel bekam. Kurz darauf wurde Ron Blaauw dort eingestellt. In meinen Augen wirklich ein Superkoch! Damals wusste ich: Ab jetzt heißt es für mich, absolut volle Fahrt voraus, mit Leib und Seele.”

“1999 eröffnete Ron Blaauw sein eigenes Restaurant und nahm mich als Chef de Cuisine mit. Das war ein echtes Zeichen der Anerkennung, angesichts meiner Erfahrungsjahre, obwohl Kochjahre natürlich doppelt zählen. 2005 bekamen wir gleich zwei Michelin-Sterne! 2007 war dann der Zeitpunkt gekommen, mich selbstständig zu machen. Zusammen mit Robbert Veuger starteten wir mit Aan de Poel in Amstelveen, und 2012 bekamen auch wir die ersten beiden Sterne! Solange man keinen Stern hat, sagt man, dass es nichts ausmacht, aber das ist Unsicherheit. Wenn man einen Stern bekommt, ist das eine riesige Anerkennung. Das stellt alles auf den Kopf. In dieser Hinsicht ist Koch ein komischer Beruf. Ich bekomme jeden Tag haufenweise Komplimente. Die bekommt der Zimmerer oder Büroangestellte nicht. Doch man muss nicht süchtig danach werden. Ich entwickle momentan vorsichtig eine Strategie, wie ich einen dritten Stern bekommen kann. Wir kochen jeden Tag für 100 Gäste, und das ist zu 92 bis 95 % perfekt. Für einen dritten Stern muss dieser Prozentsatz zwischen 98 und 100 % liegen. Die letzten Prozente sind furchtbar schwierig, aber ein dritter Stern wäre der Hammer!”
“Meine Signatur ist ein frisches Umami-Aroma, harmonisch und weiblich, nicht zu schwer. Ich gehe also sparsam mit Sahne, Fett und Kohlehydraten um. Das passt auch viel besser zu einer verantwortungsbewussten Ernährung. Mein Ziel ist es, alle vier Wochen ein ganz neues Sechs-Gänge-Menü zu präsentieren. Das ist fast unmöglich. Das Menü muss eine Geschichte erzählen, wobei jedes Gericht ein Kapitel darstellt, das zum nächsten Kapitel überleitet. Letztens bekam ich ständig Komplimente für ein und dasselbe Gericht. Das machte mich fast wütend. Ich sagte zu meinen Leuten in der Küche: ‘Wir machen etwas falsch. Was stimmt mit den anderen Gerichten nicht?’”
“Seit es Chaud Devant gibt, trage ich Kleidung dieser Marke, weil ich finde, dass man modisch und sicher gekleidet sein sollte. Und man hat die Möglichkeit mitzureden. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass sie manchmal genug von mir haben. Ich wollte zum Beispiel keine Brusttasche mit meinem Logo, da das ausbeutelt. Das wurde gemacht. Ich wollte Skinny Jeans. Und die gibt es jetzt. Zu Skinny Jeans sollte man keine klobigen Schuhe tragen. Vor Kurzem wurde ich zusammen mit anderen Köchen dazu eingeladen, Sneaker-Prototypen zu testen. Kurzum: Chaud Devant macht genau das, was ich auch mache, nämlich den Kunden bzw. Gast zufriedenstellen. Denn das ist die wichtigste aller Ambitionen.”


